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Die Rückerstattung
ein Kristallisationspunkt für Antisemitismus
pp. 238-252
Abstract
Die materielle Wiedergutmachung der nationalsozialistischen Verbrechen in der Gründungsphase der Bundesrepublik stieß auf vielfältige, teilweise massive Widerstände und wurde kontinuierlich von antisemitischen Interpretationen begleitet. Ein erstes Indiz hierfür ist die allgemein als Selbstverständlichkeit akzeptierte Rückgabe von beschlagnahmtem Besitz an Körperschaften, die in Opposition zum Nationalsozialismus gestanden hatten, an politische Parteien, die Gewerkschaften und an die Kirchen1. Aber der gleiche Vorgang bei der Rückgabe von Vermögen an Juden löste bei vielen ablehnende Gefühle aus, die im Kampf gegen die Wiedergutmachung ausgenutzt wurden. Die nachfolgenden Überlegungen betonen einige Konfliktpunkte, die in den verschiedenen Phasen der "Rückerstattung und der Wiedergutmachung" aufgrund einer sie zu großen Teilen ablehnenden Bevölkerung entstanden. Damit werden einige Differenzen in der Beurteilung, in den Wertmaßstäben und in den Erwartungen zwischen Deutschen und Juden/Israelis im Nachkriegsdeutschland verständlich. Während man bisher annahm, daß die öffentliche Meinung in den westlichen Staaten die Wiedergutmachung aus moralischen Prinzipien als vordringliche Leistung erwartete2, blieb ihr Stellenwert in Deutschland selbst strittig.
Publication details
Published in:
Bergmann Werner, Erb Rainer (1990) Antisemitismus in der Politischen Kultur nach 1945. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Pages: 238-252
DOI: 10.1007/978-3-322-83731-8_12
Full citation:
Erb Rainer (1990) „Die Rückerstattung: ein Kristallisationspunkt für Antisemitismus“, In: Bergmann & R. Erb (Hrsg.), Antisemitismus in der Politischen Kultur nach 1945, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 238–252.